Geschichte

Über die Geschichte der Stadt Gräfenberg können Sie hier erste Eindrücke auf den Seiten der Stadt bekommen.

Die Geschichte der Altstadtfreunde können Sie in Kürze hier nachlesen.

Bierstadt Gräfenberg

Die Stadt Gräfenberg weist mit zwei mittelständischen Brauereien im Hauptort (Brehmer, Friedmann) und einer Braustätte im Ortsteil Hohenschwärz (Hofmann) eine ungewöhnlich hohe Brauereidichte auf. Selbst für das an Braustätten reich gesegnete Franken ergeben drei Brauereien auf rund 4200 Einwohner einen Spitzenplatz. Die heutigen Betriebe sind aus der Tradition der vorindustriellen Zeit gewachsen – seit Jahrhunderten wird nämlich in Gräfenberg Bier gebraut.

Jahrhundertealte Tradition

Zwei imposante Gebäude in der Bahnhofstraße, Kommunbrauhaus und Malzdörrhaus (siehe „Altstadtführer“ Nr. 7 und 9), führen weit in die Biergeschichte unserer Stadt zurück. Dort brauten die berechtigten Gräfenberger Bürger seit Anfang des 17. Jahrhunderts reihum ihren Gerstensaft. Auf den meisten Häusern in Gräfenberg lag nämlich das Braurecht, das von der Grundherrschaft verliehen wurde. Gräfenberger Grundherren waren bis zum Ende des Mittelalters die Adelsfamilie derer von Gravenberch und (ab 1337) ihre Erben, die Nürnberger Patrizierfamilie Haller und ihre Verwandtschaft. Zwischen 1537 und 1806 gehörte Gräfenberg zum Landgebiet der freien Reichsstadt Nürnberg, deren jeweilige „Pfleger“ im Gräfenberger Schloss neben der Kirche die Grundherrschaft repräsentierten. Allerdings war das Braurecht nicht billig zu haben.

So musste zum Beispiel der Erbauer des Hauses Bahnhofstraße 18 für den Grund seines Anwesens im Jahr 1648 die Summe von 30 Gulden an die Grundherrschaft bezahlen, für das Braurecht jedoch stolze 50 Gulden.

Dafür durfte er dann, wie die anderen Brauberechtigten, in dem 1628 errichteten äußeren Brauhaus Jahr für Jahr eine bestimmte Menge Bier brauen.

Das Malz dazu kam aus dem 1607 ebenfalls von der Grundherrschaft erbauten Malzdörrhaus. Diese damals neuen Gebäude in der so genannten Vorstadt ergänzten das bereits lange vorher bestehende Brau- und Malzhaus innerhalb des Mauerrings (beim heutigen Haus Schulgasse 2, 1798 wegen „Abnahme des Bräuwesens“ aufgegeben). Trotzdem kam es für die rund hundert brauberechtigten Familien ständig zu Engpässen bei der Bierherstellung.

Vorstädter gegen Innenstädter

Über die ihnen zustehenden Mengen gerieten in Gräfenberg immer wieder die Brauberechtigten der Innenstadt mit den Vorstädtern in Streit. Innerhalb der Ringmauer, die nach der Stadterhebung von 1371 erbaut wurde, haben bis auf den heutigen Tag nicht mehr als etwa 50 Anwesen Platz; neue konnten also nur in der Vorstadt entstehen, wo von alters her die sechs großen Bauernhöfe für die Gräfenberger Flur, Handwerker, die das Wasser der Kalkach benötigten, wie Gerber, Färber, der Bader und die drei Mühlen, sowie ärmere Taglöhner und Weber ihre Wohnstatt errichtet hatten. So vergrößerte sich naturgemäß Gräfenberg im Vorstadtbereich, dessen Bedeutung damit zunahm.

Nur ein Wirtshaus jedoch lag in der Vorstadt (heute ehemaliges Gasthaus zum Grünen Baum), in der Innenstadt gab es in alter Zeit immer mindestens deren drei. Außer in den Gaststätten war Bierschenken auch den übrigen brauberechtigten Hausbesitzern zeitweise erlaubt, und zwar in Form des sog. Flinderns, einer Art Buschenschank, der sich als Brauch zum Beispiel in Pegnitz und Neuhaus / Pegnitz bis heute erhalten hat. Pro „Bräu“ (Sud) waren drei Tage Flindern zulässig.

Ab 1628, nach Errichtung des neuen Brauhauses in der Vorstadt, wurden den Bürgern aus der Innenstadt jeweils jährlich zehn, den Vorstädtern drei Bräu zugestanden; allerdings den Bürgermeistern – es gab in alter Zeit davon vier – eines mehr. Und in den Pflegamtsakten von 1761 sind für den Oberlandpfleger, Pfleger, Doktor, Stadt- und Walkersbrunner Pfarrer und den Stadtschreiber, also die ganze Hautevolee, jeweils ein Sonderbräu verzeichnet.

Nach Michaelis, so die Rechtsvorschrift aus dem Pflegamt, begannen die einzelnen Bürger ihre zugeteilte Menge brauen zu lassen, gemäß dem sog. „Bräuzirkel“, der die Reihenfolge jährlich durch Auslosung festlegte. Dabei stand ein vom Pflegamt bestimmtes Fachpersonal bei den Braustätten zur Verfügung (s. Kasten). Diese Mannschaften blieben eine Brauperiode über, die bis zum Ambrosiustag, also über die kalte Jahreszeit ging, im Amt. Strenge Vorschriften regelten ihren Dienst. So durften die Männer an den Malzdörröfen wegen der Brandgefahr nach dem Gebetläuten keinen Branntwein trinken und ihre „Weiber“ nicht empfangen. Erst früh um vier Uhr, wenn die Öfen sicher erloschen waren, konnten sie den Heimweg antreten.

Dieser verantwortungsvolle Beruf ernährte, wie man der Liste von 1645 entnehmen kann, zahlreiche Gräfenberger. Die brauberechtigten Bürger wiederum konnten ihr Einkommen durch den Verkauf des Bieres aufbessern. Auch die Büttner, in deren Fässern das Bier transportiert und gelagert wurde, lebten teilweise vom Brauwesen. Der „Büttnersberg“ in der nördlichen Vorstadt hält die Erinnerung an dieses Handwerk wach.

Bierverkauf und Bierpreis

„Das gute Bier kommt meist nach Nürnberg, das schlechte und gemischte bleibt“, heißt es in den Akten des Pflegamts von 1623. Und der Stadtschreiber berichtet im gleichen Jahr, dass das Bier „fuderweise aus der Stadt hinausgeführt“ wird. So gern und reichlich die Gräfenberger ihr Bier in die nähere und weitere Umgebung lieferten, Gerstensaft von auswärts wurde in ihrer Stadt nicht geduldet; so bestrafte man im Jahr 1691 einen Gräfenberger Metzger, der „einen Eimer Weißenoher Bier hereingeschleicht“ hatte. Dazu muss man wissen, dass der Nachbarort damals kurbairisches Ausland war. Bei Lieferungen nach Heroldsberg verlangte der bayreuthische Zöllner in Brand dagegen wieder den Gräfenbergern Zoll ab – deutsche Kleinstaaterei vor Gründung des Deutschen Zollvereins im Jahr 1834!

Der Bierpreis für Gräfenberg wurde von der reichsstädtischen Obrigkeit alljährlich festgesetzt. Erstaunlich, dass er sich über Jahrhunderte zwischen sechs und zwölf Pfennig pro Maß bewegte. Das entsprach in etwa dem Stundenlohn eines Maurers. Der Bierpreis schwankte also nur gering; er war von den jeweiligen Preisen der Rohstoffe Gerste, Hopfen und Brennholz abhängig. Schnell gereiftes Winterbier war in der Regel um einen Pfennig billiger als Lagerbier, auch für schlechte Qualität konnten Abschläge angeordnet werden. In teuren Zeiten drohte dann die an die Herrschaft zu zahlende Steuer (das Umgeld) den Gewinn der Brauberechtigten aufzuzehren. Zum Beispiel beschließt der Rat der Stadt im Jahr 1651 – der Dreißgjährige Krieg ist erst vor kurzem beendet worden – zwei Bürgermeister mit einer Bittschrift um niedrigere Biersteuer an den Landpfleger in Nürnberg zu schicken, nicht ohne sowohl diesem hohen Herrn wie auch dem Land- und Steuerschreiber dabei einen guten Trunk Bier zu verehren.

Für die Qualität des Gräfenberger Bieres sorgten in reichsstädtischer Zeit häufige Biervisitationen der Grundherrschaft, wobei man besonders die Keller auf ihre Eignung zur Lagerung des Gerstensaftes überprüfte.

Die Bierkeller

Damit das Bier nachreifen und unbeschadet lagern kann, braucht es Kühlung, in vorindustrieller Zeit nur in tiefen Kellern möglich. Dafür war den alten Gräfenbergern keine Mühe zu groß. An den Talhängen entlang den Straßen und Wegen auf die umgebende Jurahochfläche schlugen sie zahlreiche Keller in die anstehenden Werkkalkschichten und verwendeten die gebrochenen Kalksteine („Quacken“) für eindrucksvolle Gewölbe und Erschließungstreppen dieser Kühlanlagen. Eine Eingrünung mit Linden sorgte für Sonnenschutz und Luftzirkulation sowohl für die Keller als auch bei den Gästen, wenn man zu Feiern und Festen dort zusammensaß. Bei Frost holte man die Eisschollen der Gräfenberger Weiher in die Keller. Auch über Holzgerüste – meist unmittelbar neben dem Keller errichtet – ließen manche Brauberechtigte im Winter Wasser laufen und schoben die von diesen Eisgerüsten abgeschlagenen Brocken durch spezielle Öffnungen in ihren Bierkeller. Später – meist im 17. und 18. Jahrhundert – baute man über die Keller noch Scheunen, wobei bis heute Keller und Scheunen so gut wie immer verschiedene Besitzer haben. Allein im Scheunenviertel an der Egloffsteiner Straße haben sich 15 solcher früher lebensnotwendiger Wirtschaftsgebäude erhalten.

Allein im Scheunenviertel an der Egloffsteiner Straße haben sich 15 solcher früher lebensnotwendiger Wirtschaftsgebäude erhalten. Da sie heute nicht mehr gebraucht werden, sind sie leider weitgehend dem Verfall preisgegeben. – Mit dem Verein der Altstadtfreunde Gräfenberg können nach Vereinbarung zwei der eindrucksvollen Keller besichtigt werden.

Veränderungen nach 1806

Wie die Reichsstadt Nürnberg wurde auch deren Pflegamt Gräfenberg im Jahr 1806 dem Königreich Bayern eingegliedert. Kommun- und Malzdörrhaus gingen in Staatsbesitz über, wurden bereits 1808 jedoch an 31 brauberechtigte Bürger weiterveräußert. Die alten Häuser der traditionellen Bierherstellung verloren nun aber nach und nach ihre ehemals große Bedeutung, weil moderne Braustätten auch in Gräfenberg als Privatbrauereien gebaut wurden. Die erste gründete im Jahr 1837 Joh. Chr. Gundelfinger auf seinem Anwesen in der heutigen Bahnhofstraße (Abb. 3). Ihm folgten 1850 G. E. Otzmann mit der 1875 von der Familie Friedmann übernommenen zweiten Gräfenberger Privatbrauerei in der Bayreuther Straße und im Jahr 1932 die Brauerei Brehmer in der Straße Am Bach. Diese modern ausgestatteten Betriebe lieferten große Mengen Bier, so dass immer mehr brauberechtigte Bürger die mühsame Prozedur im Kommunbrauhaus einstellten. Die Wirte Heid, Prieß und Rupprecht blieben am längsten dem Kommunbrauhaus treu, im Jahr 1954 erfolgte dort allerdings der letzte Sud. Die Bierherstellung war nun endgültig ganz den spezialisierten Betrieben überlassen. Leider setzte damit auch der Verfall der alten Braustätten ein, der ein halbes Jahrhundert währte, bis zumindest das Kommunbrauhaus durch eine gelungene Restaurierung unter Beibehaltung alter Brauutensilien in ein Bürogebäude umgewandelt werden konnte. Die große Dörrscheune dagegen harrt nach wie vor einer Rettung vor dem Verfall durch eine sinnvolle Nutzung.